Von Moi i Rana nach Ballangen

Günter Heumann-Storp • Aug. 04, 2020

Rund um die Ostsee - Norwegen - bis nach Ballangen

Montag, 3. August 2020

Früh morgens um 5 Uhr werde ich in meinem kleinen Zelt in Moi i Rana wach. Es wird hier infolge der Mitternachtssonne nicht richtig dunkel. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich die aufgehende Sonne geweckt hätte. Das war wohl eher der unterschwellige Gedanke, das es in Moi früh anfangen soll, zu regnen. Ich möchte noch das Zelt trocken verpacken und dann gen Norden in das gute Wetter flüchten. Um 6 Uhr ist alles auf dem Motorrad. Es geht dem Polarkreis und den Lofoten entgegen. 

Sonjas Løken, die ich auf dem Campingplatz in Moi i Rana getroffen habe, kam gerade daher und hat von der Landschaft geschwärmt. Die 28 Jahre alte Angestellte einer bekannten, norwegischen Fährlinie nutzte die Corona bedingte, schlechte Auftragslage zu einem längeren Urlaub hat und sich ihre Heimat im Norden angesehen. Ursprünglich - so sagt sie - komme sie aus Polen. Vor 27 Jahren seien ihre Eltern nach Norwegen ausgewandert. 

Die Fahrt soll mich über die E06 durch den Saltfjellen Nationalpark vorbei am Junkerdahl Nationalpark gen Norden führen. Die Strecke ist in den Karten also besonders reizvoll gekennzeichnet. Dabei frage ich mich, was in Norwegen nicht besonders reizvoll ist. Die Berge, durch die die Straße führt, sind zwischen 1406 und 1710  Meter hoch. Schneebedeckte Gipfel kündigen an, dass ich nun bald den Polarkreis überschreiten werde. 

Bei Stødi ist es dann so weit. Der Punkt liegt 581,46 Meter hoch. Auf die Höhenangabe legen die Norweger Wert.. Es handelt sich bei Stødi nicht um einen Ort, sondern um eine Bahnstation im Nordland,  die Teil einer der schönsten Bahnstrecken weltweit überhaupt ist. Hier befindet sich auch das offizielle "Polarsirkelsenteret" (Polarkreiszentrum), das gleichzeitig die Grenze zum Saltfjellet-Svartisen Nationalpark darstellt. Das Polarkreiszentrum erinnert optisch irgendwie an ein Ufo. Ich treffen morgens um 7 Uhr dort ein, bei 14 Grad Außentemperatur und herrlichem Wetter. Ein kleines Schneebrett hat es bis hierhin gewagt. Der Versuchung, mitten im Sommer einen Schneeball zu basteln, kann ich so gerade noch widerstehen. Ein großes Wasserloch davor hält mich davon ab. 

Das Museum im Polarkreiszentrum ist um diese Uhrzeit noch geschlossen. Dafür erhalte ich eine Lektion in Sachen Steinkultur. Die karge Landschaft hinter dem Polarkreiszentrum ist auf einer Anhöhe mit unzähligen kleinen und großen Steinskulpturen übersät. Wer diese Kunstwerke geschaffen hat, darüber könnte sicherlich das Museum Auskunft geben - aber es war ja geschlossen. Ich verfalle daher völlig ungesteuert dem Gedanken, dass eine Schulklasse norwegischer Kinder verpflichtet wurde, die Steinhaufen aufzuschichten - mit einer griesgrämigen Lehrerin als Gouvernante im Hintergrund. Aber so war es sicher nicht... Nach einem Frühstück auf einem Felsbrocken verlasse ich mit einem letzten Blick hoch zur Weltkugel, die den Polarkreis markiert, diesen Ort. 

Auf dem großen Parkplatz vor dem Polarkreiszentrum steht Wohnmobil neben Wohnmobil. Nur die Gedenktafeln am Rande, die an die Gefallenen und Gefangenen des Zweiten Weltkrieges erinnern, unterbrechen etwas die Urlauberidylle. 

Meine Fahrt geht weiter bis zum Tysfjorden. Hohe Berge säumen die Straße, die sich wie ein gewundenes Band, teils in Serpentinen, durch die Landschaft zieht. Ständig wechselnde Eindrücke lassen selbst längere Fahrten nicht eintönig werden. Obwohl die E06 eine der Hauptstraßen Norwegens ist, habe ich nie das Gefühl von hektischem Verkehrstreiben. 

Am Tysfjorden erreiche ich die Fähre, die mich in das Jettegryter Naturreservat bringen soll. Von dort geht es weiter nach Ballangen bei Narvik. Auf der Fähre überrascht mich, dass niemand mir ein Ticket verkaufen will. Eine Angestellte der Fährlinie sagt mir dazu, dass ich mein Kennzeichen fotografieren soll. Als ich es dann mache, amüsiert sie sich köstlich. Offenbar haben wir uns falsch verstanden. Richtig ist, dass das Kennzeichen vom Personal fotografiert wird. Die Rechnung für die Überfahrt erhält man später per Post. 

Noch kurz vor der Überfahrt springt meine Navigation plötzlich um und zeigt einen Umweg von 189 Kilometern durch die Ofoten (richtig geschrieben, es fehlt kein "L"), vorbei an Narvik und zurück nach Ballangen. Ich kann mir das nicht erklären und das Schiffspersonal, das mir vielleicht Auskunft geben könnte, ist mit anderen Aufgaben beschäftigt. Also fahre ich unwissend von der Fähre und folge starrsinnig der Beschilderung nach Narvik - man muss der Navigation nicht immer alles glauben.

Die Erleuchtung kommt nach wenigen Kilometern. Es geht bergauf. Und dann stehe ich hinter einer Kurve unvermittelt im Stau. Vor mir knubbeln sich Wohnmobile, LKW und Motorräder, und hinter mir nach wenigen Minuten gibt es dasselbe Bild. Rien ne vas plus. 
Aber in der Zwangsgemeinschaft eines Staus ergeben sich manchmal auch Lichtblicke. Meiner sind Andrea und Michael aus Regensburg. Sie sitzen vor mir auf einer K 1600 GT, schauen gebannt nach vorne und lassen die Maschine laufen. Als ich sie anspreche, erfahre ich das Dilemma. Nein, es geht bei der K 1600 die Heizung nicht aus, wenn man den Motor abstellt. Michael berichtet mir, dass er bei 80.000 Kilometern den Motor an der Maschine hat wechseln lassen müssen. Und nun springe die "K" bisweilen nicht mehr an, wenn er sie ausschalte. Und das sei am Berg beim Gewicht des vollgepackten Reisedampfers ein Problem. Dem ist nicht zu widersprechen und bei der noch ausstehenden Fahrtstrecke von 400 Kilometern für die beiden an diesem Tage auch weit weg von lustig. Um zumindest die Ursache des Problems und Möglichkeiten zur Reparatur zu finden, vermittelte ich ein Telefonat mit Tobias, unserem Mann für Technik rund um das Motorrad. Nach einem kurzen Gespräch ist die Wurzel des Übels bekannt. Ohne in technische Details abzudriften: Eine Reparatur geht nur bei BMW und nicht nebenbei. Kostenpunkt etwa 500 Euro. Das Dumme ist - es gibt hier weit und breit keine entsprechende Werkstatt. Andrea ist zu bewundern. Sie nimmt die Situation mit Gelassenheit und Humor, bei Michael ist es eher Galgenhumor. Beide wollen noch in die Lofoten und hoch zum Kapp. 

Nach einer Stunde im Stau kommt ein Servicewagen einer Baufirma aus dem Tunnel. Freundlich erklärt der junge Mann am Steuer, dass es in etwa einer halben Stunde weitergehe. Im Tunnel fänden Bauarbeiten statt. Es fehlen nur noch die Snacks und Getränke, aber die hatte er nicht dabei.

Es geht dann auch weiter, vor mir mit Andrea und Michael, bis nach Ballangen. Der Campingplatz dort überrascht mit einer vorzüglichen Struktur, neuen Sanitäranlagen und blitzsauberen Gebäuden.

Hinter mir liegen 530 Kilometer Fahrt durch das Naturparadies Norwegen. Ich bin jetzt 1926 Kilometer von zu Hause weg, allerdings mit meiner Gattin zumindest telefonisch verbunden, was in der verlassenen norwegischen Landschaft über einsame Stunden hilft.

Viele Grüße 









von Günter Heumann-Storp 18 März, 2024
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von Günter Heumann-Storp 04 März, 2024
Die Messe "Reise und Camping" in Essen ist Geschichte, aber nur für das Jahr 2024. Es ist Zeit für einen Rückblick: 85.000 Besucher konnte sich in diesem Jahr ausgiebig über Reiseziele und Campingmöglichkeiten informieren. Natürlich durften auch die passenden Fahrzeuge dazu nicht fehlen, angefangen vom Fahrrad Reisemobil bin zum luxuriösen Camper. Gleich am Eingang wurden die Besucher passend eingestimmt, mit kulinarischen Appetithappen. Hungrig musste wahrhaftig niemand durch die Messehallen streifen. Für Gaumenfreuden war gesorgt. Das Fazit des Veranstalters: "Reisen, Campen und Radfahren stehen bei den Deutschen und speziell an Rhein und Ruhr weiter hoch im Kurs." Dem kann MopedTravel nicht widersprechen. Motorradreisen, das heisst auch campen. Und Infos dazu gab es mehr als genug. Fotos: MopedTravel.de Copyright: Günter Heumann-Storp Zusatz: Fotos sind Situationsaufnahmen und stellen keine Werbung für das situativ mit abgebildete Produkt dar.
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