Corona und seine Folgen für das Motorradtraining

Covid-19 gefährdet die Gesundheit und das Leben der Menschen, und stellt ganze Zweige von Gewerbetreibenden über Monate kalt. „Rien ne vas plus“, das gilt in diesen Zeiten nicht nur im Roulette. 
Fahrsicherheitstraining, Foto Jürgen Lerbs
Während Lebensmittel Grundversorger die Preise für Toilettenpapier und Desinfektionsmittel in ungeahnte Höhen schnellen lassen, stehen etliche kleine Selbständige vor dem Aus. Das gilt auch für den Motorradhandel und alle die, die sich mit Fahrsicherheit dieser Kraftfahrzeuge beschäftigen. Das Institut für Zweiradsicherheit pflegt unter 
https://www.ifz.de/training/motorradtraining/ 
auf der Homepage eine Seite über alle in Deutschland angebotenen Trainings-einheiten, sortierbar nach Postleitzahlen. Dort prangt unübersehbar in roter Schrift:

„Covid-19: Durch die Corona-Krise finden derzeit keine Trainings statt. Trainingsbuchungen sind – für Trainings zu einem späteren Zeitpunkt – in vielen Fällen nach wie vor möglich.
Bitte kontaktieren Sie den Veranstalter Ihres Wunschtrainings, um im Einzelfall die aktuellen Informationen zu erhalten.“

Das ist nur ein kleiner Trost für alle die, die seit Monaten nichts mehr verdienen. Wer kann schon verlässlich in die Zukunft sehen?
Theorie und Praxis am Ring, Foto Jürgen Lerbs

Das Fahr-sicherheits-training 
liegt brach

Jürgen Lerbs, DVR zertifizierter Motorrad Sicherheitstrainer, Foto Jürgen Lerbs

DIES IST DER ABSATZTITEL. 
Das Fahrsicherheitstraining liegt brach


Jürgen Lerbs ist einer der Betroffenen. Er ist Mitglied im Bundesverband der Motorradfahrer und vom DRV-zertifizierter Motorrad-Sicherheitstrainer. In dieser Eigenschaft bietet er, mit dem BVDM als Umsetzer, über seine Firma „Mot-Coach“ im Großraum Hamburg Trainings an. Dabei wird Jürgen, je nach Zulauf und Bedarf, von anderen DVR-zertifizierten Trainern unterstützt. Die Redaktion der Ballhupe hat mit ihm gesprochen und ihn nach den Auswirkungen der Corona-Krise auf seinen Betrieb gefragt.
In der Warteschleife, Foto Jürgen Lerbs

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Redaktion:
Jürgen, Du betreibst professionell Schulungen für Motorradfahrer. Stimmt das so?

„Ich muss dazu sagen, dass ich das nicht nur mache. Wie viele andere DVR-Trainer habe ich noch ein zweites Standbein. Ich arbeite zusätzlich im kaufmännischen Bereich. Es gibt Zeiten, in denen keine Motorradtrainings möglich sind. Da ist es wichtig, noch andere Einkünfte zu haben.
Ich arbeite auch für das Fahrsicherheitszentrum des ADAC in Lüneburg Dazu muss ich mich zusätzlich zur DVR-Beschulung weiter fortbilden lassen, da das ADAC- Sicherheitstraining weiter geht als das, was der DVR schulungstechnisch abdeckt. Der DVR erkennt die ADAC – Ausbildung zwar an, umgekehrt ist das aber nicht ganz so. Das liegt daran, dass das Modultraining des ADAC von der DVR-Schulung nicht erfasst ist und daher Zusatzbeschulungen erforderlich sind.“ 

Redaktion: 
Wie gehst Du mit der momentanen Corona-Lage um?

„Ich erlebe einen kompletten Einbruch. Seit Mitte März bis jetzt liegt das Fahrsicherheitstraining insgesamt brach. Beim ADAC in Lüneburg dürfen wir auch nicht schulen. Das gilt bis auf weiteres. Es gibt noch keinen Termin, ab wann wir wieder etwas machen können.“

Redaktion:
Welchen Umfang hatten Deine Beschulungen?

„In der Woche habe ich beim Normalbetrieb immer mehrere Einzeltrainings. 

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Hinzu kommen die regelmäßigen Trainingseinheiten an den Wochenenden samstags und sonntags. Auch hier biete ich Einzeltrainings, Gruppentrainings, Schulungen für Anfänger und Wiedereinsteiger, Kurventrainings und Enduro- Schulungen an. Bei den Kurventrainings sind wir im permanenten Kontakt mit den Betreibern der Strecken. Auch sie dürfen ihr Gelände momentan nicht für die Schulungseinheiten öffnen. 
Wir bieten alle Basiseinheiten nach den DVR – Richtlinien an, dazu zweitägige Schulungen „on Tour“. Es ist also das gesamte Programm, das wir normalerweise abdecken." 

Redaktion:
Wie viele Mitarbeiter hast Du?

„Ich werde, je nach Training, von drei bis vier DVR zertifizierten Trainern unterstützt. Manchmal sind es auch mehr. Das richtet sich nach meinem Bedarf. Bei Kurventrainings brauche ich beispielsweise bis zu sechs Trainer je nach Anmeldestand. Da arbeiten wir mit 30 – 40 Teilnehmern. 
Bei „Trainings on Tour“ sind vom DVR zwei Trainer vorgeschrieben. Viele andere Trainings mache ich allerdings auch alleine.“

Redaktion:
Alle diese Mitarbeiter sind also von der Schließung betroffen? Es geht auch keine Einzelschulung unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln?

„Nein, es ist alles gecancelt. Das Problem liegt nicht in der Einhaltung von Hygieneregeln. 

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Die Behörden haben den Fahrschulen den Betrieb untersagt. Das gilt auch für die Motorradschulung. Wir würden uns in einer Grauzone bewegen, wenn wir das bewerben würden. Auch liefe ich Gefahr, abgemahnt zu werden, weil ich etwas anböte, was andere nicht dürfen. Es geht also nichts. Auch für mich nicht. 
Vom ADAC habe ich eine Mitteilung bekommen, dass wir langsam ab heute (20.04.2020, Red.) öffnen wollen. Es sollte in Kleinstgruppen gearbeitet werden. Aber die Gemeinde hat das untersagt. Auf der entsprechenden Website des ADAC steht jetzt „bis auf weiteres geschlossen“. 
Im Moment habe ich seit Mitte März bis jetzt aus dem Fahrsicherheitsbereich keinerlei Einnahmen. 
Noch schlimmer trifft es andere, die über keine zusätzlichen Einkünfte verfügen. Ich habe ein paar Trainerkollegen, die das hauptberuflich machen. Bei denen sieht es völlig düster aus. Sie haben überhaupt keine Einnahmen. Sie arbeiten auch für andere Umsetzer oder Organisationen und machen unter anderem PKW-Einführungen. Das ist alles komplett gestrichen. Sie haben null Verdienst.“

Redaktion:
Wie fangen das Deine Trainerkollegen auf? Gibt es eine Unterstützung?

„Das ist je nach Bundesland unterschiedlich. Der eine hat die Einmalunterstützung, die auch durch die Medien gegangen ist, relativ zügig bekommen, der andere, der Hamburger ist, hat noch nichts erhalten.

Das Problem ist auch, dass der Anspruch nur besteht, wenn Du keine anderen Einnahmen hast. Andere Einkünfte werden dagegen gerechnet.

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Auch ich, der von den Fahrsicherheit Trainings nicht hauptsächlich leben muss, habe ein Problem. Wir haben investiert. Ich biete auch Kurse für Leute an, die keine Ausrüstung, also kein Motorrad und keine Kombi haben. Da stelle ich alles zur Verfügung. Das Material liegt nun brach. Hier stehen Fahrzeuge, die noch gar nicht bewegt worden sind. Natürlich verursachen die laufende Kosten.
Wir haben hier also keinerlei Einnahmen. Ich könnte noch nicht einmal einen Anhänger vermieten. Von einem Motorrad-Händler, mit dem ich gut zusammenarbeite, weiß ich, dass zwar die Werkstatt normal weiterläuft, aber der Vertrieb einen Einbruch von 95 % erlitten hat. Das ist eine Katastrophe. Die Lager sind voll mit Motorrädern. Da tut sich nichts.“

Redaktion:
Hast Du auch Gespanntrainings angeboten?

„Nein, ich selber nicht. Ich biete das über Uwe Philipp vom BVDM an. Wir haben das Training dieses Jahr einmal ausgesetzt. Es deckt immer so gerade die Kosten. Die Nachfrage im Norden ist nicht ganz so groß.“

Redaktion:
Gibt es denn Licht am Horizont?

„Ja, das Positive, was ich sagen kann, ist: Wir haben schon eine ganze Menge Buchungen. Alle Teilnehmer, die bereits bezahlt haben, sind relativ entspannt. 
Wir haben Rückzahlungen angeboten, aber keiner will das. Das ist sehr positiv bei dieser Geschichte. 
Heute habe ich aktuell noch Buchungen für ein Kurventraining bekommen. 

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Es sind Stammkunden. Sie haben für Juni schon gebucht. Dass hört sich gut an. Kompensieren kann man damit aber nichts. Die Monate von Mitte März an bis jetzt sind ein Totalverlust.
Man muss auch bedenken, dass bereits Termine geplatzt sind. Die Veranstalter, die die Ringe vermieten, haben laufende Kosten, so dass ich bei der Stornierung mit der Zahlung von Stornogebühren rechnen muss. Ich hoffe aber, dass ich die geplatzten Termine später ins Jahr verschieben kann. So ein Ring kostet mehrere tausend Euro, für die ich in Vorkasse treten muss.“

Redaktion:
Welche Kosten hast Du, wenn Du ein Kurventraining planst?

„Ich muss den Ring mieten. Er kostet etwa 2000 Euro. Hinzu kommen die Kosten für den Trainerstab und das Catering sowie die Helfer, die erforderlich sind. Ein Trainingstag kostet insgesamt etwa 4000 Euro. Das muss durch die Kurse aufgefangen werden. 
Die Teilnehmerzahlen sind je nach Veranstalter variabel. Sie liegen zwischen 30 und 60 Personen. Dabei muss bedacht werden, dass bei großer Teilnehmerzahl der Einzelne weniger Zeit zum aktiven Training hat. 

Bei großen Gruppen bis zu 12 Personen ist auch die Frage, ob die Teilnehmer noch viel lernen, ob die noch ein super Feedback bekommen. Das ist die andere Seite großer Teilnehmerzahlen.
Als DVR-Trainer gehe ich im normalen Sicherheitstraining von einer Gruppengröße von 8 Personen pro Instruktor aus.
Steigt die Zahl der Teilnehmer darüber, nehme ich einen zweiten Trainer dazu. 

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Ich habe, wie gesagt, noch mehrere DVR-Trainer in der Hinterhand, die natürlich auch bezahlt werden müssen.  
Viel Geld verdienen kann man mit der Moderatorenarbeit nicht. Wer Goldgruben sucht, muss etwas anderes machen. 
Ein Kurventraining kostet bei mir beispielsweise zwischen 149,- Euro und 169,- Euro am Tag. Da ist das Catering schon enthalten. Es ist also eine Rundumversorgung für den Trainingstag, die man damit bucht. Die laufenden Kosten müssen dagegen gerechnet werden.“

Redaktion:
Jürgen, vielen Dank für das aufschlussreiche Gespräch. Die wenigsten dürften sich bei der Buchung eines Trainings Gedanken machen über das, was hinter einem solchen Angebot steht. Das schließe ich mich selber ein. Ich kann nur hoffen, dass es für Dich bald wieder los geht und Du Schulungen durchführen kannst. Für Nordrhein-Westfalen habe ich heute (21.04.2020) erfahren, dass Fahrschulen wieder aufmachen dürfen. Das hat auch Auswirkungen auf die Fahrsicherheitstrainings. Hamburg wird da wohl nicht mehr lange warten.

Wer bei Jürgen Lerbs ein Training buchen möchte, kann sich unter der Website 
http://www.mot-coach.de/ informieren. 

Ein Kontaktformular ist geschaltet. Anmeldungen werden auch jetzt schon entgegengenommen. 
Kurventraining, Foto Jürgen Lerbs
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