Linksverkehr

…gibt es nicht nur im Vereinigten Königreich von Großbritannien, und zwar seit 1835 per Highway Act, sondern auch in einer Reihe von Ländern des ehemaligen Commonwealth. Warum das so ist, darüber existieren eine Vielzahl von Legenden, die mehr oder weniger schlüssig klingen, aber letztlich im Fahrbetrieb nicht weiterhelfen. 

Egal ob man es will oder nicht, historisch gewachsene Erklärungen kennt oder nicht:  
In einigen Staaten, und das sind deutlich weniger als jene mit Rechtsverkehr, gilt nun einmal, dass man links fahren muss. 

Wer nicht nach Kiribati oder Bangladesch fahren will, der mag sich nun entspannt zurücklehnen. Es gibt aber nicht wenige Motorradfahrer, die gerne England, Schottland oder Irland bereisen. Auch Zypern gehört zu den „Linken“. 

Jetzt kann man sagen, „nun, dann fahre ich eben links.“ Ganz so einfach ist die Umstellung allerdings nicht. An Kreuzungen und Einmündungen, in Kreisverkehren, an Ampeln, schlichtweg überall im Straßenverkehr gilt es, sich völlig anders zu orientieren, als man es gewohnt ist. 

Überholt wird rechts. Das ist beim ersten Mal genauso eine Überwindung wie das gefühlt falsche Befahren eines Kreisverkehres. Selbst das Überqueren einer Kreuzung oder das Abbiegen nach rechts oder links verlangt die volle Konzentration, um nicht gewohntermaßen im Gegenverkehr zu landen, was mir auch passiert ist. Gottlob ohne Folgen.
 
Linksabbieger habe es noch einfach. Sie fahren links und bleiben links. Das ähnelt unserem Rechtsabbiegen. Rechtsabbieger müssen durch den Verkehr auf die gegenüber liegende, linke Fahrspur. 
Genauso orientiert man sich im Kreisverkehr, und davon gibt es im Vereinigten Königreich eine Menge. Es gilt: Links abbiegen, dabei außen bleiben und blinken, wenn man gleich wieder nach links will, oder in der zweiten Fahrspur innen fahren – so es denn eine gibt – wenn man erst später nach links will, dann erst rechts und später links blinken beim Verlassen des Kreisverkehrs. Einfach? Na klar doch.

Ich habe vor meiner ersten Englandreise eine Vielzahl von Tipps erhalten, die alle helfen sollen. „Fahre doch einfach hinter den anderen her. Das ist einfach.“ „Ich war mit einer Gruppe da. Da ist immer ein Engländer vorgefahren. Das war entspannt.“ Ich breche das jetzt einmal ab. In meinen Augen sind derartige Ratschläge nicht, zumindest nicht durchgängig, praktikabel und sehr auf den Einzelfall bezogen. Und das Hinterherfahren führt nicht zu einer besseren Situation, sondern nur zu einer abhängigen. 

Nach etlichen Gesprächen mit Solofahrern und eigenen Erfahrungen hilft nur eins: Totale Konzentration während der Fahrt. Kein Herumdödeln, keine Musik, keine Ablenkung durch das Bild der Navigation. Wenn eine Helmsprechanlage sinnvoll ist, dann bei der sprachunterstützten Navigation. Eine Fahrt durch die grünen Landschaften Englands ist für Rechtsverwöhnte malerisch schön, aber auch anstrengend. Auch daran müssen sich die Tagesetappen orientieren. Ich war meist länger als erwartet unterwegs, langsamer und mit mehr Pausen.

Das Straßennetz ist anders, als wir es in Deutschland kennen. Autobahnen oder autobahnähnlich ausgebaute Straßen gibt es, bisweilen enden sie allerdings in Kreisverkehren oder in Ortschaften und werden irgendwann danach weitergeführt – oder auch nicht. Das schnelle Überbrücken größerer Distanzen ist also anders zu planen. 

Und die Nebenstraßen ähneln teilweise mehr oder weniger asphaltierten Feldwegen, sind oft einspurig, malerisch gelegen und mit hohen Hecken umsäumt. Reiseschnitt, was ist das? Vorausschauendes Fahren geht halt nur langsam, es sei denn, man agiert nach dem Motto „no risk no fun“. Was allerdings nicht nur lebensgefährlich, sondern auch teuer ist.

Ich habe die Navigationseinstellungen von Metern auf Meilen umgestellt. Die mitlaufende Geschwindigkeitsanzeige erleichterte mir das Einhalten der zulässigen Höchst-geschwindigkeiten. 

Und hier das Knöllchenranking für Pechvögel und Unverbesserliche:

Hierzu ein Zitat:
„Eine Geschwindigkeitsüberschreitung in England kann weitreichende Konsequenzen haben. Wie hoch das Bußgeld dabei im Einzelnen ausfällt, lässt sich pauschal allerdings nicht benennen, denn dieses ist in erster Linie anhängig vom jeweiligen Wocheneinkommen. Außerdem unterteilt der Bußgeldkatalog die Verkehrssünder – je nach Schwere des Tempoverstoßes – in verschiedene Gruppen, für die unterschiedliche Prozentsätze gelten. ..“ (aus Website „Geblitzt in England, was droht“)

Ein Beispiel verdeutlicht die Kosten, die auf den Verkehrssünder zukommen können. Im Mindestmaß werden für zu schnelles Fahren 100 Pfund fällig. Wer in der Woche 875 Pfund verdient, bei dem liegen die Kosten zwischen 218 und 656 Pfund, je nach Verstoß. Der gesetzliche Höchstsatz liegt bei 1000 Pfund, auf Autobahnen erhöhen sich die Kosten für betuchte Raser auf 2.500 Pfund. 

Wer jetzt noch der Meinung ist, England im Schnelldurchlauf erkunden zu müssen, dem ist nicht mehr zu helfen. Hierzulande ist die Raserei meines Erachtens auch durchaus kein Kavaliersdelikt, aber erheblich günstiger, wenn auch nicht besser.

Zur besseren Vorstellung hänge ich ein Video an, damit man auch sehen kann, wie sich der Linksverkehr anfühlt. 

Im Folgenden fasse ich noch einmal die wichtigsten englischen Verkehrsregeln zusammen:

  • Höchstgeschwindigkeit Stadt: 30 Meilen /48 km/h
  • Höchstgeschwindigkeit Landstraße: 60 Meilen / 96 km/h
  • Höchstgeschwindigkeit Autobahn: 70 Meilen / 112 km/h
  • Promillegrenze: 0,8 Promille (nur der Vollständigkeit halber)
  • Hupen: innerorts zwischen 22.30 Uhr und 07.00 Uhr verboten
  • Polizeinotruf/Unfallnotruf: 999 / mobil 112 
  • Ländercode: +44
  • Mit Mitnahme eines Reservekanisters auf Fähren ist verboten!
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